Bücher voller Narren
Multiperspektivisches Erzählen als unzuverlässiges Erzählen in aktuellen Jugendromanen
DOI:
https://doi.org/10.54717/kidsmedia.7.2.2017.4Schlagwörter:
Jugendroman, multiperspektivisches Erzählen, SinnstiftungAbstract
Indem alle Erzählinstanzen als unzuverlässige Erzählinstanzen konzipiert sind, wird in multiperspektivisch erzählenden Jugendromanen ein Bewusstsein der Unmöglichkeit eines eindeutigen Zugriffes auf Welt für die Leserschaft sichtbar gemacht. In Where I Belong (2010) wird am Beispiel des Wortes Somalia gezeigt, wie sich Betrachtungen von Welt und Aussagen über Welt im Sinne poststrukturalistischer Zeichentheorie in individuelle Signifikatenketten auflösen müssen. Der Roman verdeutlicht so, dass Ideen von Wahrheit und Essenz und somit auch Ideen von Authentizität keine erreichbaren Grössen sind. How it Went Down (2014) nutzt das multiperspektivische Erzählen, um Weltwahrnehmung als abhängig von den eigenen Ideologien zu präsentieren. Unzuverlässiges Erzählen wird dabei vor allem als unzuverlässiges Sehen herausgearbeitet, bei dem sich die eigenen Motivationen und Vorurteile zwischen Welt und Subjekt schieben. Welt kann nur als individuell interpretierte Welt verarbeitet werden. Die Romane regen die Leserschaft dazu an, selbst Sinn zu stiften und dabei die eigenen Kriterien für die Sinnstiftung zu hinterfragen, und betonen zudem die homogenisierende Kraft der Heterogenität von Wahrheit.